Bayreuth, 18. Januar 2024
In der gerichtlichen Sanierung des Jean-Paul-Vereins Bayreuth e. V. hat es eine zentrale Lösung gegeben; die Bewohner und Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung „Seniorenstift am Glasenweiher“ können aufatmen. Die zuletzt defizitäre Einrichtung wurde von einem Investor übernommen, saniert und besitzt damit nun wieder eine langfristige Perspektive. „Wir sind alle froh, dass hier eine gemeinsame Lösung gefunden wurde und die Diakonie Bayreuth die Seniorenpflegeeinrichtung als Investor vollständig übernimmt. Damit erhalten alle Bewohner und Beschäftigten wieder ihre verdiente Sicherheit und Zuversicht zurück. Die unklare Situation der letzten Zeit endet. An dieser Stelle möchte ich vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür danken, dass sie während der vergangenen Monate zu uns gestanden und damit die jetzige Lösung mit ermöglicht haben. Auch unserer Mitarbeitervertretung gebührt Dank für die stets sehr konstruktive Zusammenarbeit“, sagt Dr. Franz Sedlak, geschäftsführender Vorstand des Jean-Paul-Vereins.
Arbeitsplätze durch Betriebsübergang gesichert
Der Diakonisches Werk – Stadtmission Bayreuth e. V. hat den „Seniorenstift am Glasenweiher“ per Asset Deal übernommen. Dabei sind sowohl die Immobilie und die beweglichen Vermögensgegenstände als auch die bestehenden Pflege- und Arbeitsverträge auf den neuen Betreiber übergegangen. „Die Beschäftigten der Pflegeeinrichtung wurden rechtzeitig über den Betriebsübergang am 1. Dezember 2023 informiert und haben sich fast vollständig dafür entschieden, ihn mitzutragen. So konnten durch die gefundene Investorenlösung die Bewohner- und die über 80 Arbeitsplätze des Jean-Paul-Vereins im Bereich Seniorenpflege übertragen und gerettet werden. Dadurch wird eine für die Menschen in der Region wichtige Einrichtung nicht nur erhalten, sondern auch auf einen aussichtsreichen neuen Weg gebracht“, sagt Rechtsanwalt Stefan Ettelt von der Kanzlei Kulitzscher & Ettelt. Als Generalbevollmächtigter steht er dem Jean-Paul-Verein gemeinsam mit seinem Team bei allen insolvenzrechtlichen Fragen zur Seite. Vor allem bedingt durch den Fachkräftemangel konnte die Pflegeeinrichtung zuletzt nicht voll belegt werden und somit nicht kostendeckend arbeiten. Die Diakonie Bayreuth engagiert sich ebenfalls im Bereich Seniorenpflege und verfügt damit als Investor über die erforderlichen Kapazitäten und die nötige Expertise. Deshalb konnte sie sich mit ihrem Angebot auch im ergebnisoffenen Bieterprozess des Jean-Paul-Vereins durchsetzen. Mit der Übernahme des „Seniorenstifts am Glasenweiher“ steht dem neuen Betreiber nun auch eine eigene, voll ausgestattete Immobilie in diesem Bereich zur Verfügung. Somit ergeben sich durch den Asset Deal künftig mögliche Synergien auf beiden Seiten.
Planlösung für alle weiteren Einrichtungen in Aussicht
Zum Jean-Paul-Verein gehören auch das Jugendhilfezentrum „Jean-Paul-Stift“ und die „Janus-Korczak-Schule“. Diese Bildungs- und Unterstützungseinrichtungen für Jugendliche mit Förderbedarf stehen ebenfalls kurz vor einer erfolgreichen Lösung. „Noch im ersten Quartal soll ein Insolvenzplan am Amtsgericht Bayreuth eingereicht werden. Dieser sieht den Erhalt der verbliebenen Einrichtungen und damit des Jean-Paul-Vereins vor. Die Gläubiger werden letztlich darüber entscheiden, doch im Sanierungsteam sind wir äußerst zuversichtlich, dass der Plan angenommen wird. Zum einen ist das Planungsszenario für diese Bereiche durchweg positiv. Zum anderen sind sich, denke ich, alle Beteiligten der Bedeutung des Vereins und seiner Arbeit für die Menschen vor Ort mehr als bewusst“, sagt Simon Leopold, Geschäftsführer der ABG Consulting-Partner GmbH und Co. KG. Mit seinem Team verantwortet er in dem Verfahren die kaufmännische Begleitung und die Umsetzung des Sanierungskonzeptes inklusive des Investorenprozesses. Auch der vom Amtsgericht Bayreuth bestellte Sachwalter Dr. Nils Freudenberg von der Kanzlei Tiefenbacher Insolvenzverwaltung I Restrukturierung ist guter Dinge, was die weitere Entwicklung der gemeinnützigen Einrichtungen angeht: „Mit der Übertragung der Seniorenpflegeinrichtung konnte eine Sanierungslösung für den in letzter Zeit defizitären Bereich des Vereins gefunden werden. Damit ist künftig ein ausgeglichenes Ergebnis zu erwarten. Die Planungen jedenfalls geben allen Grund zur Zuversicht und werden meiner Ansicht nach auch die Gläubiger überzeugen.“
Personalmangel und Energiekrise erzwangen Sanierung
Mit einer über 180-jährigen Geschichte ist der Jean-Paul-Verein der älteste diakonische Verein der Stadt Bayreuth und der drittälteste Verein in Bayern. Bei der Jugendhilfe, im geförderten Lernen und der Seniorenpflege ist der Jean-Paul-Verein eine zentrale und traditionsreiche Institution in der Region. Doch trotz der Bedeutung im sozialen Miteinander konnte vor allem die Seniorenpflege des Trägers in der letzten Zeit nicht mehr kostendeckend arbeiten. Neben dem Fachkräftemangel, der eine ausreichende Belegung verhinderte, musste der Verein aufgrund der globalen Krisen mit erheblichen Kostensteigerungen im Bereich Materialaufwand und Energie kämpfen. Dadurch litt die Ertragslage und die Liquiditätsreserven reduzierten sich in den letzten Jahren kontinuierlich. Um der drohenden Zahlungsunfähigkeit zuvorzukommen, hatte sich Dr. Sedlak gemeinsam mit dem Verwaltungsrat für den Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung entschieden. Das Amtsgericht Bayreuth kam diesem mit Beschluss vom 1. Juni 2023 nach. In der Folge gelang es dem Sanierungsteam um den eigenverwaltenden geschäftsführenden Vorstand Dr. Sedlak, den Generalbevollmächtigten Rechtsanwalt Stefan Ettelt und den kaufmännischen Begleiter Simon Leopold, den operativen Betrieb aller Einrichtungen lückenlos fortzuführen und Sanierungsmaßnahmen umzusetzen. Das Verfahren wurde am 1. September 2023 eröffnet. Mit dem erfolgten Asset Deal der Seniorenpflegeeinrichtung und der angestrebten Planlösung für die weiteren Vereinsbereiche ist nun eine endgültige Lösung in der gerichtlichen Sanierung in Aussicht.
Mehr Informationen:
www.jpv-bayreuth.de